Rheinische Post kommentiert am 07.04.2007 Wesels Forderung nach Kreisauflösung:
hefs der Fraktion Wesel in seltener Einigkeit mal auf die Schnelle ein dickes Osterei gelegt. „Weg mit dem Kreis!“ heißt die Forderung, die ausgerechnet aus der Kreisstadt kommt. Außerhalb wird’s zunächst nicht ohne Grund als verspäteter Aprilscherz vernommen. Doch so ungewöhnlich der Vorschlag ist, ein Kern Klugheit wird unter der platten Oberfläche durchaus sichtbar. Der nämlich, dass Verwaltungsstrukturen nicht für die Ewigkeit gemacht sind, sondern ständig reformiert werden müssen. Das geschieht im Lande seit dem Regierungswechsel in Düsseldorf durchaus mit beachtlichem Tempo. Ob nun aber der radikale Ruf aus dem Rathaus nach Auflösung des Kreises zielführend ist, darf bezweifelt werden. Er hat substanziell kaum mehr als den Charme einer Flurparole. Denn auf der politischen Etage ist der Gedanke auf Zuruf gereift, ohne in den Fraktionen intensiv diskutiert zu werden, was zumindest dem CDU-Fraktionschef Rudi Spelmanns Ärger im eigenen Laden bescheren dürfte. Dass Chef-Genosse Ludger Hovest nie ein Freund des Treibens im Kreishaus war, ist nicht erst seit dieser vorösterlichen Woche bekannt. Der Schulterschluss der Fraktionsspitzen hat eine Vorgeschichte, die mehr mit subjektiven Empfinden als mit dem großen, landesweiten Wurf einer weitgreifenden Kommunalreform zu tun. Zunächst hat der Kreis eigenartigerweise schon lange nirgendwo weniger Freunde als in der Stadt, in der er zu Hause ist. Dass die Wirtschaftsförderer im Kreishaus in Wesel besonders schlecht gelitten sind, ist auch nicht so neu. Dann haben sich die Weseler sehr darüber geärgert, dass der Kreis zur Auskiesung am Lipperandsee auf Gegenkurs zum Rathaus gerudert ist. Dass eine Kreisverwaltung kostet, ist allerdings nicht nur in Wesel, sondern in allen Rathäusern ein satter Posten. Und wenn die Etats auf Kante genäht werden, ist die Umlage eine Größe, die die Phantasie von Finanzpolitikern immer wieder beflügelt, die Schnitte im eigenen Beritt weniger bereitwillig ansetzen. Aussprechbar werden die geheimen Wünsche dann, wenn der Kreis Wesel sich durch den Verkauf seiner RWE-Aktien seiner Schulden entledigt. Schon da meldete das politische Wesel massiv Ansprüche an und wollte vom Einnahmesegen profitieren. Da ist die Forderung, den Kreis gleich ganz abzuschaffen, der Gipfel der Begehrlichkeit, auch wenn die Begründung recht dünn daher kommt. Ob das Begehren in Düsseldorf argumentativ unterfüttert und so entschieden nach vorn gebracht wird, ist kaum zu erwarten. Den Weselern bleibt die Genugtuung, einen Stein ins Wasser geworfen und damit landesweit Aufmerksamkeit gefunden zu haben. So gesehen, wird’s der City-Manager mit gewisser Freude registriert haben. Zu den 111 bunten Eseln haben sich fünf populäre Weseler Werbe- und Würdenträger dazugesellt.