Seniorenbeirat ist keine Alternative zum „Runden Tisch für Familie!“

Absolute Priorität in der Politik muss künftig nicht zuletzt aufgrund der besorgniserregenden demographischen Entwicklung die Unterstützung junger Menschen sein, die sich für die Erziehung von Kindern entschieden haben bzw. entscheiden wollen. Dass im Kreis Wesel hier noch dringender Nachholbedarf besteht, hat sein mittelmäßiges Abschneiden beim „Familienatlas“ mehr als deutlich gemacht. Darum sind über alle Gesellschaftsbereiche und Generationen hinweg gemeinsame Kraftanstrengungen notwendig, auch in unserem Kreis familienfreundlichere Rahmenbedingungen zu schaffen.

Die Einrichtung eines generationstrennenden Seniorenbeirats auf Kreisebene in der vom Sozialausschuss mehrheitlich verabschiedeten Form, der fälschlicherweise den Namen „Runder Tisch“ tragen soll, kann zur Bewältigung der nur generationsübergreifend zu lösenden Herausforderungen keinen Beitrag leisten. Wenn politische Befürworter einen kreisweiten Seniorenbeirat mit der schnell zunehmenden Anzahl älterer Menschen begründen, ist das unlogisch. Gerade diese Zunahme garantiert ihnen einen ständig wachsenden politischen und gesellschaftlichen Einfluss. Wenn sich die Mehrheit der Kreistagsmitglieder nicht in der Lage sieht, politische Entscheidungen für ihre Altersgruppe zu treffen, müssen sie sich ernsthaft Gedanken über ihre Bürgernähe machen.

Dringend notwendig ist dagegen die Einrichtung eines „Runden Tisches Familie“. Nur ein gemeinsamer kreisweiter Diskurs aller Generationen aus den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft wird es ermöglichen, kreative Konzepte zu entwickeln, die den Teufelskreis zwischen einer sich abzeichnenden schrumpfenden Gesellschaft und sich verschärfenden Rahmenbedingungen für Familien (beispielsweise durch Kindergartenschließungen) zu durchbrechen. Darum haben wir als Vereinigte Wählergemeinschaften Kreis Wesel gleichzeitig mit der Ablehnung des Seniorenbeirates einen Antrag für die Einrichtung eines solchen „Runden Tisches Familie“ ab Sommer diesen Jahres eingereicht.

Bündnis für Familie!

Die Weseler Kreispolitik kann sich wahrlich nicht im entferntesten damit zufrieden geben, im bundesdeutschen „Familienatlas“ in der Kategorie der „Unauffälligen“ als Mittelmaß eingereiht zu sein und mit Ausnahme der Schulabbrecherquote in keinem familienrelevanten Bereich zu glänzen. Dies macht deutlich, dass kommunale Jugend- und Familienpolitik auch im Kreis Wesel neu gedacht und betrieben werden muss:

Es reicht eben nicht, wenn Kreistagsmitglieder die Situation der Familien mal ein wenig im Jugendhilfeausschuss streifen, im Schulausschuss auf den ein oder anderen Tagesordnungspunkt setzen und sie im Sozialausschuss, wenn es die Zeit zulässt, aus sozialwirtschaftlicher Betrachtung lamentieren. Dem Projektleiter vom Familienatlas, Kaiser, ist nur zuzustimmen, dass Familienfreundlichkeit ein entscheidender Standortfaktor ist. Nicht zuletzt die alarmierende demografische Entwicklung, dessen Auswirkungen schon jetzt in der Schließung von Kindergärten und Schulen auch in den kreiseigenen Kommunen mehr und mehr erkennbar werden, muss alle Verantwortlichen aufrütteln, Jugend- und Familienpolitik als Querschnittsaufgabe zu begreifen, also eine Kommunalpolitik zu betreiben, die Jugend und Familie bei sämtlichen Entscheidungen und auf allen Ebenen in den Blick nimmt. Das bedeutet:

Nach dem Vorbild eines „Bündnisses für Arbeit“ werden wir uns als Kreistagsmitglieder der Vereinigten Wählergemeinschaften (VWG) Kreis Wesel dafür stark machen und sehen es als eine zentrale Herausforderung unserer zukünftigen politischen Arbeit an, ein „Bündnis für Jugend und Familie“ für den Kreis Wesel auf den Weg zu bringen. Weil Jugend- und Familienpolitik eine Querschnittsaufgabe ist, darf ein solches Bündnis nicht nur aus politisch Verantwortlichen bestehen, sondern muss zugleich Verantwortliche aus der Wirtschaft umfassen. Außerdem müssen hier die „Betroffenen“ selbst, also Eltern, aber auch Jugendliche als potentielle Eltern von morgen, die Möglichkeit haben, ihre Wünsche und Vorstellungen einbringen zu können. Außerdem darf nicht auf die Kompetenz von familienorientierten Organisationen und Initiativen verzichtet werden, beispielsweise die von freien und konfessionellen Jugend- und Sozialverbänden. Schließlich sind in einem solchen kreisweiten Bündnis Kommunen wie Moers und Hamminkeln mit einzubeziehen, die bereits erfolgreich begonnen haben, eine in dieser Form ausgerichtete Familienpolitik in die realpolitische Tat umzusetzen.

Einen Schritt in die richtige Richtung sehen wir in der Einrichtung eines Familienbeirates oder eines professionell moderierten „Runden Tisches“, der die Aufgabe erhält, im gemeinsamen Diskurs familienorientierte Handlungsperspektiven für den Kreis Wesel zu entwickeln und bestehende familienpolitische Maßnahmen, Projekte und Strategien der Kommunen zu vernetzen und zu fördern.