Rheinische Post Wesel berichtet am 18.06.2010:
kreis wesel „Wie gewonnen, so zerronnen.“ Auf diese simple Formel bringt Kreiskämmerer Peter Giesen Vorstellungen, das Loch im Kreisetat mit einem tiefen Griff in die Ausgleichsrücklage (40 Millionen Euro) zu stopfen. Denn die Mittel sind in einem großen Anlagetopf (Kapital und RWE-Aktien) geparkt, der zurzeit jährlich zehn Millionen Euro Ertrag abwirft. Wie Giesen gestern auf Anfrage der RP sagte, flossen allein von 2005 bis 2009 mindestens 35 Millionen aus dieser Einnahmequelle umlagesenkend in den Etat. Giesen: „Wir sitzen also nicht darauf.“ Zugriff aufs Vermögen, um Kommunen zu schonen, schmälert die Zinsen, was langfristig zu einer höheren Umlage führt.
Negativbeispiel: Recklinghausen
Beispiele gebe es, sagte Giesen und verwies auf Recklinghausen. Dieser Kreis habe bereits vor Jahren sein Vermögen eingesetzt und jetzt die Umlage um acht Punkte auf mehr als 50 Prozent angehoben.
Die Ausgleichsrücklage, so der Kreiskämmerer weiter, sei für vorübergehende Aktionen gedacht und nicht dafür, dauerhafte Unterfinanzierungen abzudecken. Wie damit umgegangen werde, sei natürlich eine politische Entscheidung, sagte Giesen vor der heute erneut tagenden Arbeitsgruppe Haushaltskonsolidierung. Er müsse jedoch auf die Effekte hinweisen. „Wir schieben eine Unterfinanzierung nur vor uns her, das strukturelle Defizit wird durch einen Griff in die Rücklage nicht aufgehoben“, so Giesen. Außerdem ergebe sich nur für 2010 ein vermeintlicher Vorteil für die Kommunen. Er sprach von einem „kurzfristigen Strohfeuer“, denn schon 2011 werde es zu weiteren Belastungen kommen.
Giesen sprach sich für eine nachhaltige Konsolidierung der kommunalen Haushalte aus. Dabei dürfe man nicht auf Land und Bund warten, sondern müsse selbst aktiv bleiben, um dauerhaft zu einem Ausgleich der Etats zu kommen.
Kreditzins niedriger als Einnahme
Was die aktuell drohende, mehr oder minder groß ausfallende Mehrbelastung der Kommunen angeht, so hat Giesen Modelle zur Entwicklung der Unterfinanzierung und der Umlage erstellt. Demnach erziele der Kreis Wesel derzeit mehr Zinseinnahmen, als die Kommunen an Zinsen für Kredite ausgeben müssten. Hätte man das Ursprungsdefizit von 20,8 Millionen (unterdessen durch Kürzungen auf 18,9 gesenkt) komplett allein ausgleichen wollen, hätte dies langfristig 600 000 Euro Zinsverlust zur Folge gehabt.
Kämmerer Peter Giesen macht auf sinkende Zinseinnahmen aufmerksam.
Die Grafik aus einer Modellrechnung des Kämmerers zeigt, wie die Schere immer weiter auseinanderklafft, wenn Erträge aus Kreisanlagen schwinden.