In der von den VWG in Auftrag gegebenen rechtlichen Beurteilung zur Besetzung der Stelle des Kreis Kämmerers, kommt der renommierte Verwaltungsrechtler Professor Dr. Oehmen von der Düsseldorfer Kanzlei Kapellmann zu folgendem Resultat über das diesbzgl. Verhalten des Landrates Dr. Müller und der Kreis SPD:
„Diese Vorgehensweise halte ich für falsch und rechtswidrig…“
Rechtliche Beurteilung in voller Länge:
Kämmererwahl: Gutachten widerspricht Landrat
Sehr geehrter Herr Prott,
Sie hatten mir geschildert, dass es Streit um die Besetzung einer Dezernentenstelle gibt. Der derzeitige Dezernent scheidet altersbedingt aus. Jetzt soll ein neuer Dezernent/Kämmerer bestellt werden.
Der Landrat vertritt die Meinung, dass die Besetzung der Dezernentenstelle durch den Landrat erfolge und höchstens die Zustimmung des Kreistages erforderlich sei. Im konkreten Fall bzgl. Herrn Rentmeister sei es so, dass es sich nicht um eine Neueinstellung oder Beförderung handelt und die Besetzung somit auch ohne Zustimmung des Kreistages erfolgen könne.
Bezüglich der Wahl des Kämmerers durch den Kreistag stünden lediglich bei der Kreisverwaltung bereits beschäftigte Mitarbeiter mit den notwendigen Voraussetzungen zur Auswahl.
Die Mehrheit des Kreistages (CDU/Grüne/FDP) vertritt die Ansicht, dass aufgrund eines Beschlusses der letzten Kreistagssitzung der Kreistag nun das Recht habe, den Dezernenten und Kämmerer einzustellen und zu wählen. Da es sich um eine Beförderung und nicht um bloße Umbesetzung handele, habe der Kreistag zumindest ein Zustimmungsrecht hinsichtlich der Besetzung.
Hierzu ist Folgendes festzuhalten:
Nach § 26 Abs. 1 q KrO ist der Kreistag ausschließlich zuständig für die Genehmigung von Verträgen des Kreises mit Kreistags- und Ausschussmitgliedern, mit dem Landrat und den leitenden Dienstkräften des Kreises nach näherer Bestimmung der Hauptsatzung. Leitende Dienstkräfte sind nach § 11 Abs. 2 der Hauptsatzung des Kreises Wesel der Landrat, der Kreisdirektor und die Dezernenten.
Allerdings wird ein Beamter nicht per Vertrag berufen, sondern das Beamtenverhältnis wird durch Ernennung gem. § 5 Abs. 1 BRRG bzw. § 8 LBG NW begründet. Dabei bedarf es einer Ernennung zur Begründung des Beamtenverhältnisses, zur Umwandlung des Beamtenverhältnisses in ein solches anderer Art, zur ersten Verleihung eines Amtes, zur Verleihung eines anderen Amtes mit anderem Endgrundgehalt und anderer Amtsbezeichnung sowie zur Verleihung eines anderen Amtes mit anderer Amtsbezeichnung beim Wechsel der Laufbahngruppe.
Zuständig für diese Ernennung ist nach § 10 Abs. 2 bei Beamten der Gemeinden und der Gemeindeverbände die nach Gesetz, Verordnung oder Satzung hierfür zuständige Stelle. Maßgeblich ist insoweit § 15 Abs. 1 a der Hauptsatzung des Kreises Wesel. Für beamten-, arbeitsrechtliche und tarifrechtliche Entscheidungen ist danach grundsätzlich der Landrat zuständig, allerdings mit verschiedenen Ausnahmen. Nach § 15 Abs. 1 a Hauptsatzung des Kreises Wesel entscheidet über die Ernennung, Beförderung, Entlassung und Versetzung der Beamten des höheren Dienstes der Kreistag.
Hier ist es – wie ich aus dem Internet entnehmen konnte – so gewesen, dass der Rheinberger Kämmerer Peter Giesen Nachfolger des Kreiskämmerers Schuld werden sollte, wofür sich im Kreisausschuss die CDU, Die Grünen und die FDP ausgesprochen haben. Die SPD hingegen hat für Herrn Rentmeister votiert, der sich in einem Verfahren der Bestenauswahl gegen seine drei Mitbewerber durchsetzte, woraufhin ihn der Landrat mit Wirkung vom 01.09.2007 zum Dezernenten bestellt hat.
Diese Vorgehensweise halte ich für falsch und rechtswidrig, denn trotz der grundsätzlichen Zuständigkeit des Landrates für beamten-, arbeitsrechtliche und tarifrechtliche Entscheidungen ist in § 15 Abs. 1 a der Hauptsatzung des Kreises Wesel eindeutig geregelt, dass über die Ernennung, Beförderung, Entlassung und Versetzung der Beamten des höheren Dienstes der Kreistag und nicht der Landrat entscheidet. Insoweit gehen die Hinweise aus der Beschlussvorlage der Kreisverwaltung auf § 49 KrO NRW i.V.m. § 3 Abs. 4 LBG NW in die Irre. In den genannten Vorschriften wird zwar geregelt, dass der Landrat Dienstvorgesetzter der Beamten, Angestellten und Arbeiter ist. Außerdem regelt § 3 Abs. 4 LBG NW, dass für die Beamten der Gemeinden und der Gemeindeverbände sich die Zuständigkeit für beamtenrechtliche Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten nach dem Kommunalverfassungsrecht richtet. § 10 Abs. 2 LBG NW stellt aber klar, dass die Beamten der Gemeinde und Gemeindeverbände von den nach Gesetz, Verordnung oder Satzung hierfür zuständigen Stellen ernannt werden. Hier hat die Hauptsatzung des Kreises Wesel eine eindeutige Regelung getroffen, wonach der Kreistag über die Ernennung, Beförderung, Entlassung und Versetzung der Beamten des höheren Dienstes entscheidet. Es ist also keineswegs so, dass der Landrat entscheiden müsste und der Kreistag hätte dies lediglich zu genehmigen, sondern hier ist per Hauptsatzung die Entscheidungskompetenz ausdrücklich auf den Kreistag delegiert worden. Somit hat der Kreistag das alleinige Entscheidungsrecht.
Allerdings hat der Kreistag auch die in § 7 LBG NW niedergelegten Auslesekriterien zu beachten. Die Auslese der Bewerber ist danach nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse, Glauben, religiöse oder politische Anschauung, Herkunft oder Beziehungen vorzunehmen. Insoweit ist also bzgl. der beiden in Rede stehenden Bewerber bei der Entscheidung zu berücksichtigen, wem unter Zugrundelegung dieser Kriterien der Vorzug zu geben ist. Insoweit wird die Tatsache, dass Herr Rentmeister das Assessment-Center-Verfahren als bestbeurteilter Kandidat absolviert hat, durchaus zu berücksichtigen sein.
Soweit in der Beschlussvorlage der Kreisverwaltung § 47 KrO NW angesprochen wird, regelt diese Vorschrift die Bestellung des allgemeinen Vertreters für den Landrat. Dem entspricht § 14 der Hauptsatzung des Kreises Wesel. Der allgemeine Vertreter des Landrates, der die Amtsbezeichnung Kreisdirektor trägt, wird danach durch den Kreistag gewählt.
Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass für die Besetzung der Stelle des Dezernenten und der Wahl des Kämmerers der Kreistag aufgrund der Regelungen der Hauptsatzung zuständig ist. Sollte hiervon abweichend der Kreistag etwas anderes beschlossen haben – hier wird auf einen Beschluss der letzten Kreistagssitzung, der mir nicht bekannt ist, verwiesen -, müsste man sich diesen Beschluss ansehen. Ich verstehe den Hinweis auf den besagten Beschluss jedoch so, dass danach der Kreistag das Recht haben soll, den Dezernenten und Kämmerer einzustellen und zu wählen. Nach der Hauptsatzung ist dies ohnehin der Fall.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Klaus Oehmen
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Kapellmann und Partner Rechtsanwälte
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