Rheinische Post Wesel berichtet am 07.03.2007:
Landrat Dr. Ansgar Müller zieht seinen Plan, einen Kämmerer aus eigenen Reihen einzusetzen und damit der Politik Grenzen zu setzen, konsequent durch. Wie berichtet hat er am späten Montagnachmittag Lars Rentmeister, den Leiter seines Büros im Kreishaus, als Kämmerer eingesetzt. Damit dreht Müller in noch nie gesehenem Ausmaß an der Spirale der Provokationen weiter. Streng an seiner Hand und Teil des Plans: die SPD. Dr. Müller hat sich damit auch zur Führungsfigur der schwachen Kreistagsfraktion aufgeschwungen.
Teil des Systems Müller ist der neue Kämmerer Lars Rentmeister. Sein Sieg im Assessmentcenter-Verfahren, der Besten-Auswahl, mit der Topnote 4,5 war ein bestellter, gut vorbereiteter Sieg. So sehen es viele Beobachter. CDU, Grüne, FDP und VWG toben. Sie wurden nach allen Regeln der Taktik vorgeführt. Dr. Müllers Strategie führt nun zu einer ebenfalls nie dagewesenen Eskalation: Das Thema Kämmerer landet vor Gericht. Montag, 18.18 Uhr: Per vorbereitetem Mail informiert Dr. Müller die Redaktion. Formal korrekt. Er habe den Juristen Rentmeister, der sein Handwerk im Weseler Rechtsamt lernte und von dort ins Kreishaus wechselte, zum Kämmerer bestellt. Auf Finanzfachmann Helmut Schult und Dezernatschef von vier Fachbereichen folgt nun ein anerkannter Verwaltungsmann, der in Sachen Finanzen nie auffällig wurde. Dennoch hatte er das Assessmentcenter-Verfahren auch in diesem Punkt mit Glanz und Gloria abgeschlossen. Nach bundesweiter Ausschreibung ein Mann, der im Büro neben dem Landrat sitzt und nicht zum Anforderungsprofil des Finanzexperten passt – ein Zufall?
Der Zusammenhang: Der Landrat hatte nach einem Kreistagsbeschluss zur Besten-Auswahl die personalpolitischen Fäden in die Hand bekommen hat. Er sah die Chance, die Absichten von CDU und FDP, die selbst sozialdemokratische Erbhöfe wie das Soziale nach ihren Vorstellungen besetzten, zu kontern. Nach dem Fortgang von Sozialdezernent Rabe (CDU) und der Wiederbesetzung mit Ralf Berensmeier (CDU) war für ihn das Maß voll. Er wollte für Schult einen Favoriten seines Vertrauens. Rentmeister (CDU) war es. Trotz der Parteizugehörigkeit ließ sich die CDU nicht darauf ein. Nun zieht Dr. Müller sein Bestellungsrecht durch mit Hinweis auf den Beschluss.
Vier von fünf Fraktionen reiben sich die Augen. Sie haben sich gegen Rentmeister ausgesprochen. Drei – die VWG ist noch unentschieden – wollen Rheinbergs Kämmerer Giesen im Kreishaus sehen. Wem bringt diese Eskalation etwas – außer dauerhaftem Misstrauen und dem Beweis, dass der Landrat Macht kühl kalkuliert? „Ich will, dass die Politik die Grenzen ihrer Kompetenzen erkennt und dies akzeptiert“, sagte Dr. Müller der RP. In der Presserklärung hört sich das so an: „Ich glaube, dass die Bürger verstehen, dass man diese Position für denjenigen nimmt, der sich in einem objektiven, transparenten Verfahren durchgesetzt hat.“ Formal korrekt habe auch die Gleichstellungsbeauftragte zugestimmt. Nur: die öffentliche Eskalation, die die Verwaltung lähmt, versteht keiner.
Der Sinn der Machtdemonstration des Landrats, der immer sanft und sozial auftritt, aber als kalter Technokrat auftritt, bleibt im Dunkeln. Auf die RP-Frage, ob er sich einen Rückzug vorstellen könne, blieb Rentmeister cool. Er wusste: Dr. Müller würde ihn einsetzen und als Demonstrationsobjekt gegen politischen Einfluss nutzen.